Kapitale Raubfische bei brütender Hitze im Sommer?
Seit ich meine Köder und Angelruten ans Wasser schleppe, streiten sich die Gemüter darüber, ob es mit Erfolg gekrönt sein kann, bei 35 Grad Celsius am Wasser zu sein, oder ob es doch schlauer ist, einfach selbst die angenehme Abkühlung zu genießen und die Ruten lieber daheim im Keller stehen zu lassen.
Also grundlegend gilt, wer nicht am Wasser ist, fängt schon mal aus diesem Grund keinen Fisch. Dass es nun bessere Zeitpunkte und schlechtere Zeitpunkte dafür gibt, ist aber unumstritten. Wann der jeweilige Raubfisch nun seine Fressphasen hat oder ob es um Refelex- oder Aggressionsbisse geht, hängt von vielen anderen Faktoren ab, von denen wir nur wenige beurteilen können. Aber was hat das nun alles mit dem Spruch zu tun, dass wenn die Sonne runterbrennt und über die Mittagszeit am höchsten steht, die schlechteste Zeit sei, um Raubfische zu fangen? Ich hab ihn millionenfach gehört, von Anglern, von Badegästen, von Spaziergehern,… und dennoch hab ich immer wieder Raubfische und manchmal auch wirklich kapitale Raubfische an heissen Tagen, im Sommer über die Mittagszeit gefangen. Ich möchte in diesem Blog einmal mit ein paar Aussagen und Standardphrasen aufräumen:
An heissen Tagen, über die Mittagszeit, liegen die Fische faul am Gewässergrund!
Eines ist klar, mit dieser grundlegend negativen Einstellung, bei solchen Bedingungen sowieso nichts zu fangen, erhöht schon mal die Wahrscheinlichkeit, dass man relativ alleine am Wasser sein wird und somit die Raubfische wenige bis gar keine Köder in solch heissen Sommerphasen, tagsüber von anderen Anglern zu Gesicht bekommen. Der Großteil der Angler verschiebt die Zeiten am Wasser in die frühen Morgenstunden oder in den Abend rein, weil es ihnen oft selbst zu heiß am Ufer ist. Somit hat man das Gewässer meist für sich alleine und kann die Hotspots ungestört und quasi frisch abfischen. Dass zu diesen Bedingungen alle Fische nur faul am Gewässergrund liegen kann ich in keinster Weise bestätigen. Ich hab sowohl kapitale Hechte und Zander vom Gewässergrund, als auch Schwarzbarsche mit Topwater-Ködern gefangen und dies nicht nur einmal.
Dass sich die Raubfische bei solchen Bedingungen in die Tiefe zurückziehen und das Fressen einstellen, weil sie die Sonne zu sehr blendet 🙂 und auch das Wasser zu heiss ist, um gut Sauerstoff zu binden und daher die Räuber die Fresslaune verlieren, kann ich in all den Jahren auch nicht bestätigen. Es gibt meiner Meinung nach nur keine eindeutigen Hot-Spots, an denen sich die Raubfische zusammenrotten. Vielmehr muss man extrem variabel angeln. Von Top-Water zwischen oder über den Krautfeldern bis hin zu der Technik, den Köder über den Grund schleifen zu lassen bringt die jeweilige Technik immer wieder Raubfische in den Kescher. Aber man findet Hecht, Zander und Barsch eben zu diesen Bedingungen über das ganze Gewässer verteilt und fängt auch oft nur einzelnen Exemplare an einer Stelle.
Die Raubfische ziehen im Sommer weit raus ins Freiwasser und sind vom Ufer aus nicht erreichbar!
Diese Aussage hat bestimmt ihre Berechtigung und man ist im Sommer definitiv mit dem Boot klar im Vorteil. Dennoch gibt es auch in Ufernähe immer wieder Strukturen bei denen sich Raubfische auch an heissen Sommertagen einstellen. Es können Krautfelder sein, die genug Sauerstoff produzieren, dass sich Raubfische in ihrer nähe wohl fühlen und auch die Schatten davon nutzen wollen. Meine Meterhechte fange ich schon fast auf Ansage an den heissesten Tagen des Jahres, Mitte August, in einem tiefen Loch in Ufernähe am See. Anscheinend hat zu dieser Zeit das Wasser dort den perfekten Sauerstoffgehalt, damit sich dort Köderfisch und somit auch Raubfische tummeln.
Das grelle Licht der Sommersonne um die Mittagszeit vertragen Raubfische mit ihren sensiblen Augen nicht!
Das ist meiner Erfahrung nach der totale Schwachsinn. Ich hab zu solchen Bedingungen sowohl schon Barsche und Schwarzbarsche, knapp unter der Wasseroberfläche mit Top-Water Ködern gefangen, als auch Hechte auf Gummifisch direkt nach dem Auftreffen des Köders auf der Wasseroberfläche fangen können. Sogar Zander werfen sich auf seichten Plateaus in eineinhalb Metern Tiefe immer wieder auf Wobbler oder Gummifische, obwohl die Sonne an diesen Stellen so richtig auf den Gewässergrund brennt. Ich kann mich erinnern, dass ich auch früher sehr oft über die Mittagszeit, Zander auf toten Köderfisch am Gewässergrund an seichten Übergängen gefangen habe. Also sind sie sowohl zu diesen Bedingungen aktiv, als auch nicht abgeneigt, den ein oder anderen Sonnenstrahl abzubekommen.
An heissen Tagen im Sommer bekommt man nur Reflexbisse bei Raubfischen!
Nope! Sie schwimmen oft lange an der Oberfläche dem Top-Water Bait nach, bevor sie sich aggressiv darauf werfen. Auch bei der Präsentation des Köders beim Jiggen über Grund fange ich immer wieder schöne Raubfische in der Phase, in der ich den Köder lange am Grund liegen lasse oder ihn langsam über den Grund schleife. Auch die Nachschwimmer bis zur Uferkante oder bis zum Boot sind zu diesen Bedingungen keine Seltenheit und widersprechen dieser Theorie. Also angelt variantenreich, angelt schnell, angelt langsam, was auch immer, aber die Fische beissen zu dieser Jahreszeit auf sehr viele verschiedene Varianten und es gibt meiner Meinung nach keine “TOP-Variante”, mit der man mehr fangen würde als mit einer anderen Variante.
Zusammengefasst, lasst euch nicht von solchen Standard-Phrasen davon abhalten, ans Wasser zu gehen. Es kann immer ein fetter Raubfisch genau an diesem Tag auf euren Köder einsteigen. Sollte die Hitze dann doch mal unerträglich werden, kann man ja bei den meisten Gewässern relativ rasch auch gut selbst für Abkühlung sorgen. Und sollte man wirklich mal an so einem Tag mit einem “Schneider” heimgehen, hat man zumindest eine schöne Zeit am Wasser verbracht, gut Sonne getankt und die Natur genossen. Also ab ans Wasser und manchmal einfach selbst mal gegen den Strom schwimmen, dann klappt’s vielleicht gerade zu solch “ungünstigen Zeiten” mit dem Lebensfisch!
Catch & Release: